Verstopfung als Folge von Reizdarm
Wenn der Darm zur Verdauungsschnecke wird
Müder Darm? Sie sind nicht allein. Bei fast jedem dritten Erwachsenen – dabei sind Frauen häufiger betroffen als Männer – ist die Verdauung eine Trantüte. Doch warum steht der Darm auf der Leitung? Liegt ihm das Abendessen schwer im Magen oder braucht er eine Entspannungskur? Vielleicht steckt aber auch ein Reizdarm hinter der Verstopfung? Gehen wir der Darm-Siesta auf den Grund.
Bei Verstopfung (Obstipation) beschleicht uns ein leiser Verdacht: Was, wenn ich einen Reizdarm habe? Ihre Bedenken sind völlig verständlich, Darmträgheit ist schließlich eines der häufigsten Symptome des Reizdarmsyndroms (RDS). Ein Reizdarmsyndrom ist immer eine Ausschlussdiagnose. Doch ein Verdauungs-Blues allein ist oft noch keine sichere Diagnose für die chronische Magen-Darm-Erkrankung. Bevor das Reizdarmsyndrom behandelt wird, sollte eine Diagnose einer Ärztin oder eines Arztes vorliegen. Diese wiederum basiert auf einer umfassenden Krankenbeobachtung. Aber nehmen wir das Reizdarmsyndrom doch einmal genauer unter die Lupe. Was ist das eigentlich, welche Ursachen hat es und wie lässt es sich behandeln?
Was ist ein Reizdarm?
Beim Reizdarmsyndrom (RDS) – oder auch IDS (irritable bowl syndrome) genannt – ist die Funktion des Darms gestört. Anders als bei einer akuten Verstopfung begleiten uns die Symptome bei dieser Erkrankung nicht nur vorübergehend. Der Reizdarm ist eine längere Geschichte. Oft bleibt er uns Monate, Jahre oder sogar ein Leben lang erhalten.
Der ständige Darm-Aufruhr ist für viele Betroffene eine Belastungsprobe. Allein bis zur Diagnose „Reizdarmsyndrom“ braucht es oft mehrere Arztbesuche und Untersuchungen. Genauso knifflig ist die Behandlung. Der Grund: Jeder Darm ist individuell. Dieses sensible Wesen in unserem Bauch braucht viel Hingabe und Feingefühl. Je stärker wir auf unser Bauchgefühl hören, desto schneller kehren wir zurück zum Wohlfühl-Darm.
Welche Symptome sind typisch für einen Reizdarm?
Das Reizdarmsyndrom kann sich sowohl wie eine typische Verstopfung als auch wie ein typischer Durchfall äußern. Eine Reizdarmsyndrom-Diagnose von der Ärztin oder dem Arzt erfolgt basierend auf den Symptomen des Patienten, die in den sogenannten Rom-III-Kriterien beschrieben werden.
Im Gegensatz zu Durchfall leiden wir beim Reizdarmsyndrom Typ „Verstopfung“ häufig an Blähungen und Völlegefühl. Hinzu kommt ein unregelmäßiger Stuhlgang. Der Darm entleert sich bei zahlreichen Betroffenen weniger als dreimal pro Woche. Und wenn er sich entleert, dann nur mit Beschwerden. Wir müssen mit Drücken und Pressen nachhelfen. Nach dem Toilettenbesuch kommt die große Erleichterung? Nicht unbedingt, oft verspüren wir immer noch ein Völlegefühl. Gemäß der Rom-III-Kriterien liegt ein Reizdarmsyndrom vor, wenn Betroffene in den vergangenen drei Monaten mindestens drei Tage pro Monat wiederholt an Bauchschmerzen (auch abdominelle Schmerzen genannt) leiden im Zusammenhang mit folgenden Faktoren:
- sich die Bauchschmerzen nach dem Stuhlgang verbessern
- sich seit Beginn der Beschwerden auch die Häufigkeit der Stuhlentleerung geändert hat
- sich seit Auftreten der Beschwerden auch die Stuhlkonsistenz geändert hat
Die Diagnose kann nur durch einen Arzt oder eine Ärztin gestellt werden
Klingt ganz nach chronischer Verstopfung? Definitiv, die beiden Darmbeschwerden sind sich zum Verwechseln ähnlich – zumindest auf den ersten Blick. Erst auf den zweiten Blick heben sich die Beschwerden voneinander ab. Diese Symptome sprechen für den Reizdarm Typ „Verstopfung“ und gegen die chronische Verstopfung:
- Häufiger Stuhldrang
- Durchfall
- wechselnde Beschwerden: Verstopfung und Durchfall wechseln sich ab.
Übrigens: Genau wie die Verstopfung kann sich auch der Reizdarm außerhalb des Magen-Darm-Trakts bemerkbar machen. Typische Beschwerden sind:
- Kopf- und Rückenschmerzen
- Gelenkbeschwerden
- Schlafstörungen
- Depressive Verstimmungen und Angstzustände
Wichtiger Hinweis
Diese Auflistung der Symptome ersetzt keinen Arztbesuch und dient auch nicht zur Selbstdiagnose. Unser Anliegen ist es, fachkundig über die Erkrankung zu informieren. Falls sich Ihnen der Verdacht beschleicht, unter dem Reizdarmsyndrom zu leiden, wenden Sie sich zur Behandlung bitte an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.
Welche Ursachen hat ein Reizdarm?
Genau wie die Verstopfung hat auch das Reizdarmsyndrom unterschiedliche Ursachen. Gelegentlich liegt das Problem direkt im Darm selbst. Ist die natürliche Darmbewegung gestört oder die Darmschleimhaut ungewöhnlich durchlässig, gerät die Verdauung schnell aus der Balance. Auch eine verstärkte Immunabwehr in der Darmschleimhaut, eine gestörte Darmflora oder eine frühere Darminfektion erhöhen das Risiko eines Reizdarms.
Nicht selten liegt der Darm-Aufruhr auch am Stress – genau wie bei der Verstopfung. Seelische Anspannung bringt die Verdauung aus dem Wohlfühl-Modus. Zum Glück lässt sich dies einfach überprüfen. Warum versuchen Sie es nicht mit dem Stress-Test? Kommen Sie geistig zur Ruhe, kommt auch der Reizdarm zur Ruhe.
Verstopfung durch Reizdarm des Typs „Verstopfung“: Was kann ich tun?
Ob Sie gemäß Ihren Symptome wirklich an einem Reizdarmsyndrom leiden, kann nur ein Arzt oder eine Ärztin feststellen. Nichtsdestotrotz benötigt ein gereizter Darm Zuneigung und Pflege. So bringen Sie die träge Verdauung in Schwung:
- Wellness für den Darm: Warum gönnen Sie dem erschöpften Verdauungstrakt nicht eine kleine Bauchmassage? Oft reichen schon zweimal zehn Minuten pro Tag. Der sanfte Druck auf den Unterbauch regt die Durchblutung im Bauchraum an und entspannt den angespannten Darm.
- Viel trinken: Der Darm freut sich über eine Erfrischung. 1,5 bis 2 Liter täglich stillen seinen Durst.
- Ballaststoffe: Reizdarm-Patienten mit Obstipation (Verstopfung) tut eine ballaststoffreiche Ernährung gut – insbesondere lösliche Ballaststoffe wie Flohsamenschalen. Wie ein Schwämmchen binden sie Wasser im Darm, steigern das Stuhlvolumen und erleichtern Ihnen den Toilettenbesuch.
- Darm-Workout: Der Verdauungsmuffel in unserem Bauch braucht Bewegung. Regelmäßige Workouts kurbeln sanft die Darmaktivität an. Was halten Sie zum Beispiel von Morgengymnastik nach dem Aufstehen, einem Spaziergang nach dem Mittagessen oder einer Runde Gute-Nacht-Yoga?
- Die richtige Ernährung: Für Reizdarm-Betroffene, die zu Verstopfung neigen, lohnt sich eine Ernährungsumstellung. Stopfende Lebensmittel wie Kakao, Bananen, Heidelbeeren oder gekochte Karotten verschwinden vom Speiseplan. An ihre Stelle rücken Sauermilchprodukte wie Joghurt, Quark und Kefir. Doch Achtung: Zu viel des Guten kann Blähungen auslösen.
- Freien Lauf lassen: Kündigt sich Stuhlgang an, hat er oberste Priorität. Unterdrücken Sie ihn nicht für ein wichtiges Telefonat oder eine dringende E-Mail. Jetzt ist Darm-Zeit.
- Ärztlicher Rat: Reizdarm oder Verstopfung? Sind Sie sich Ihrer Sache nicht sicher, holen Sie am besten ärztlichen Rat ein. Verstopfung und Darmträgheit können schließlich auch die Nebenwirkungen von Medikamenten oder einer Schilddrüsenunterfunktion sein.
Wichtig
Leiden Sie langanhaltend unter Verstopfungen, haben starke Schmerzen oder kommen zur Verstopfung weitere Symptome wie Fieber, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und Blut im Stuhl dazu, sollten Sie zügig einen Arzt oder eine Ärztin zurate ziehen – sicher ist sicher.
Was tun bei Reizdarm Verstopfung?
Zunächst sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen, um abzuklären, ob es sich um Reizdarm handelt. Trinken Sie viel, essen sie ballaststoffreich, massieren Sie Ihren Bauch, machen sie Workouts, vermeiden Sie stopfende Lebensmittel und halten Sie den Stuhl nicht zurück, wenn es so weit ist.
Reizdarm oder chronische Verstopfung?
Zunächst treten ähnliche Symptome auf. Beim Reizdarm wechseln sich Verstopfung und Durchfall jedoch ab und der Stuhlgang ist häufig.
Was sind die Symptome von Reizdarm?
Ein Reizdarm kann sowohl Verstopfung mit Blähungen und Völlegefühl verursachen als auch Durchfall. Hinzu kommt ein unregelmäßiger Stuhlgang, der häufig mit starkem Pressen einher geht.
Was sind die Ursachen von Reizdarm?
Das Reizdarmsyndrom kann viele verschiedene Ursachen haben.Eine ungewöhnlich durchlässige Darmschleimhaut, , eine verstärkte Immunabwehr in der Darmschleimhaut, eine frühere Darminfektion oder eine gestörte Darmflora können zum Reizdarmsyndrom führen.
Quellenverzeichnis
Schwarz, R.; Fux, C. (12.12.2017). Reizdarm. Abgerufen am 01.04.2021 über https://www.netdoktor.de/krankheiten/reizdarm/
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