Was sind Varizellen und wie können diese behandelt werden?
Varizellen (Windpocken) kommen weltweit vor. Häufig wird die Erkrankung bereits im frühen Kindesalter erworben. Mit dem 40. Lebensjahr liegt bei den meisten Menschen eine Immunität vor. Etwa 5 Prozent der Bevölkerung sind nicht immun und somit besonders gefährdet, denn bei älteren Personen verlaufen die Varizellen signifikant schwerer. Bei ihnen kann es aufgrund von Komplikationen zu Magen-Darm-Problemen, zur Lungenentzündung oder einer Entzündung des Gehirns kommen. Auch abwehrgeschwächte Menschen sind hoch gefährdet, was die Komplikationen betrifft.
Was sind Varizellen?
Die hoch ansteckenden Varizellen (Windpocken) werden vom Varizella-Zoster-Virus verursacht. Mehr als 95 Prozent der Erwachsenen haben gegen das Varizella-Zoster-Virus Antikörper im Blut, sodass nahezu jeder im Laufe seines Lebens einmal daran erkrankt war oder durch eine Impfung Antikörper entwickelt hat.
Bei einer normalen Abwehrlage verlaufen die Varizellen gutartig und ohne Nachwirkungen. Das Varizella-Virus überlebt nach einer überstandenen Erkrankung versteckt in den Zellen des Nervensystems. Ist die Balance der Immunität gestört, beispielsweise durch bösartige Erkrankungen, eine nachlassende zellvermittelte Immunität im Alter etc., kann es zu Herpes Zoster (Gürtelrose), das heißt, der Zweitmanifestation der Erkrankung, kommen.
Kind mit Varizellen By Thomas Netsch Public domain via Wikimedia Commons
Wie werden Varizellen übertragen?
Um Varizellen zu übertragen, genügt es, sich mit einer infizierten Person im gleichen Raum aufzuhalten. Der Erreger kann einige Zeit in der Luft überleben, sodass es ziemlich schnell zur Ansteckung kommen kann. Diese erfolgt über Tröpfcheninfektion. Dies bedeutet, dass beim Atmen oder Husten ausgestoßene virushaltige Tröpfchen die Krankheit verteilen.
Die Übertragung des Virus ist auf dem Luftweg mehrere Meter weit möglich und führt nahezu immer zur Ansteckung. Es reicht bereits aus, eine Stunde zusammen mit einer infizierten Person im gleichen Zimmer zu verbringen. Die Ansteckungsgefahr ist bei den Varizellen also enorm hoch und das Virus wird insbesondere während saisonaler Häufungen übertragen. Eine weitere Möglichkeit der Übertragung ist die Schmierinfektion. Hierbei kommt es aufgrund eines direkten Kontakts mit der virushaltigen Flüssigkeit, die sich im Inneren der Hautbläschen befindet, zu einer Infektion. Die Krusten sind ebenfalls hoch ansteckend. In seltenen Fällen überträgt die Mutter die Varizellen auf ihr ungeborenes Kind.
Windpocken Bläschen
Ansteckung für Schwangere gefährlich
Für Schwangere können die Varizellen zwischen der 8. und 21. Schwangerschaftswoche sehr gefährlich sein, da zu dieser Zeit eine teratogene Schädigung möglich ist (Defekte wie Skeletthypoplasien, Missbildungen des Zentralnervensystems und Augenmissbildungen).
Erkrankt die Schwangere fünf Tage vor bis zwei Tage nach der Geburt akut an den Varizellen, wird das Baby über die Plazenta infiziert. Da es keine Antikörper besitzt und über ein noch unreifes Immunsystem verfügt, erkrankt es sehr schwer, was lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann.
Welche Symptome treten bei Varizellen auf?
Bei Varizellen tritt ganz plötzlich ein flecken- und anschließend ein bläschenförmiger Hautausschlag auf. Dieser kann sich über den gesamten Körper verteilen. Der Hautausschlag beginnt meist im Gesicht sowie auf der Kopfhaut und erfasst später den Rumpf, bevor er sich zentripetal ausbreitet.
Der Ausschlag, der lästig und juckend ist, verläuft schubweise, sodass die roten Flecken, Pappeln und Bläschen auf der Haut nebeneinander bestehen. Die Schleimhäute sind manchmal ebenfalls betroffen, beispielsweise von Mund, Nase, Genitalien und After. Charakteristischerweise sind die Innenflächen der Hände und die Fußsohlen nicht betroffen.
Die Bläschen bzw. der Inhalt ist hoch infektiös. Die Bläschen platzen nach einiger Zeit auf, die Flecken verkrusten. Des Weiteren kann Fieber von bis zu 40 Grad, Kopf- und Gliederschmerzen sowie eine Müdigkeit auftreten. Diese Symptome zeigen sich oftmals schon, bevor der Hautausschlag ausbricht. Zu den Komplikationen, die aus Varizellen resultieren können, gehören eine Mittelohr-, Lungen-, Gehirn- und Hirnhautentzündung. Häufig kommen Sekundärinfektionen der Haut vor.
Verlauf der Varizellen
Die Inkubationszeit beträgt 10 bis 21 (meist 14 bis 17) Tage nach der Exposition (Kontakt), wobei die meisten Erkrankungen nach ungefähr 14 Tagen erkennbar werden. Insgesamt dauert die Erkrankung drei bis fünf Tage. Bei Erwachsenen kann der Zeitraum allerdings verlängert sein.
Die Bläschen, die bei den Varizellen auftreten, heilen nach etwa ein bis zwei Wochen langsam unter einer Krustenbildung ab. Es ist wichtig, dass an den Bläschen nicht gekratzt wird, worauf vor allem bei Kindern geachtet werden muss. Durch das Kratzen besteht nicht nur die Gefahr, dass Narben zurückbleiben, sondern die Bläschen können sich zudem entzünden. Der Grund hierfür ist, dass eventuell Bakterien durch die Wunden in den Körper eindringen. Dadurch kann es zu schweren Hautinfektionen kommen, die bis hin zur Blutvergiftung reichen können.
Der Arzt wird eine juckreizstillende Lotion oder ein Puder verschreiben. In schlimmen Fällen können Baumwollhandschuhe Abhilfe schaffen. Zudem ist es hilfreich, die Fingernägel zu kürzen. Es sollte eine lockere, luftig sitzende Kleidung getragen werden, um die Bläschen durch ein Scheuern nicht unnötig zu reizen. Mit dem Verkrusten der letzten Blase ist die Ansteckungsgefahr vorüber. Die Krusten fallen nach ein oder zwei Tagen ab. Einige Wochen lang bleiben helle Flecken zurück, doch auch diese verschwinden.
Der Rücken eines Erwachsenen, der an Varizellen erkrankt ist By F malan (Own work) CC BY-SA 3.0 GFDL via Wikimedia Commons
Was muss ich bei einer Erkrankung beachten?
Bei einem Verdacht auf Varizellen sollte ein Arzt aufgesucht werden, der entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen oder anordnen kann. In der Praxis hält sich der Betroffene meist in einem separaten Wartezimmer auf, um andere Patienten nicht anzustecken. Bei einer Erkrankung sollte der Patient in der akuten Phase Bettruhe einhalten und aufgrund der sehr hohen Ansteckungsgefahr isoliert werden.
Bei Varizellen gelten die speziellen Regelungen des Infektionsschutzgesetzes. Diese besagen, dass Kinder, die daran erkrankt sind, vorübergehend keine Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten oder Schule besuchen dürfen. Bei einem Verdacht müssen die Einrichtungen informiert werden, um die Ausbreitung der Erkrankung zu vermeiden. Der Arzt oder das Gesundheitsamt entscheiden, wann ein Besuch wieder erlaubt ist.
Behandlung: Wie werden Varizellen behandelt?
Da es sich bei den Varizellen um eine Viruserkrankung handelt, werden nur die Symptome behandelt, so weit dies möglich ist. Der starke Juckreiz, mit dem die Erkrankung einhergeht, kann durch juckreizlindernde und austrocknende Emulsionen sowie kühle, feuchte Umschläge behandelt werden.
Es ist empfehlenswert, luftige Kleidung aus Baumwolle zu tragen, denn Schweiß und Wärme verstärken den Juckreiz. Bestehendes hohes Fieber kann mit entsprechenden Mitteln bekämpft werden, beispielsweise Ibuprofen oder Paracetamol, um den Körper zu entlasten. Aspirin darf nicht eingenommen werden, da es im Falle einer Varizellen-Erkrankung das Risiko für das Reye-Syndrom erhöht. Hierbei handelt es sich um eine schwere zelluläre Funktionsstörung. Diese kann bei Kindern und Jugendlichen auftreten und betrifft insbesondere das Gehirn sowie die Leber und kann einen tödlichen Verlauf annehmen.
Bei entzündeten aufgekratzten Bläschen helfen neben allgemeinen Hygienemaßnahmen antibiotische Salben. Bei einem schweren Verlauf der Varizellen, vor allem bei Erwachsenen und Risikopatienten, werden zum Teil antivirale Arzneimittel eingesetzt, dank derer die Stärke und Dauer der Beschwerden reduziert wird.
Auch immungeschwächte Menschen sollten auf Aciclovir oder Vidarabin zurückgreifen, bei denen es sich um virushemmende Mittel handelt. Patienten, die sich mit den Varizellen angesteckt haben, jedoch keine Impfung erhalten dürfen, wird eine passive Immunisierung (Varizellen-Zoster-Immunglobulin) empfohlen, um den Ausbruch zu verhindern oder die Beschwerden zumindest abzuschwächen. Antibiotika sind bei Erkrankungen, welche durch Viren ausgelöst werden, wirkungslos. Sie kommen lediglich zum Einsatz, wenn in der Folge bakteriell verursachte Komplikationen auftreten.
Varizellen vorbeugen
Der Kontakt von an Varizellen Erkrankten mit Personen, welche noch nicht unter Windpocken gelitten haben, sollte gemieden werden. Dazu gehört auch, sich nicht über einen längeren Zeitraum gemeinsam in einem Raum aufzuhalten, denn die Übertragung der Varizellen ist auch über die Luft möglich.
Varizellen durch Impfung vorbeugen
Die Windpockenimpfung hilft, sich vor den Varizellen zu schützen. Der Impfstoff, der unter die Haut gespritzt wird, besteht aus lebenden, abgeschwächten Viren, die sogenannten Varizella-Zoster-Viren, die sich anschließend im geimpften Menschen vermehren. Die Impfung kann je nach Impfstoffhersteller ab einem Lebensalter von neun oder zwölf Monaten gegeben werden. Eine zweite Impfung sollte zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat erfolgen, frühestens jedoch vier bis sechs Wochen nach der Erstimpfung.
Die Windpockenimpfung ist zudem für Personen empfehlenswert, die noch nicht an den Varizellen erkrankt sind und bisher noch nicht dagegen geimpft wurden.
Für folgende Menschen ist die Impfung ratsam:
- Nachholimpfung bei Kindern/Jugendlichen bis 17 Jahre
- Bei einem bestehenden Kinderwunsch
- Bei einer schweren Neurodermitis
- Vor einer geplanten immunsuppressiven Therapie oder einer Organtransplantation
- Menschen, die mit den genannten Personen Kontakt haben
- Abwehrgeschwächte Menschen
- Medizinisches Personal
Bei allen genannten Personen müssen zwei Impfungen im Abstand von vier bis sechs Wochen verabreicht werden. Da die Impfviren extrem selten auf Kontaktpersonen übertragen werden können, sollten Menschen mit einer stark geschwächten Abwehr und Schwangere ohne einen gesicherten Schutz den Kontakt zu den Geimpften meiden, bei denen Windpockenbläschen aufgetreten sind.
Für wen ist die Impfung nicht empfehlenswert?
Menschen, die unter einer akuten, behandlungsbedürftigen Erkrankung mit höherem Fieber leiden und Personen mit einem geschwächten Immunsystem sollten keine Varizellen-Impfung erhalten. Unter bestimmten Umständen, die es erforderlich machen, sind Ausnahmen möglich. Dies kann der Arzt einschätzen.
Während einer Schwangerschaft wird ebenfalls keine Impfung vorgenommen, da das Impfvirus rein theoretisch auf das Baby im Mutterleib übertragen werden kann. Daher ist auch mindestens vier Wochen lang nach dem Impfen eine Schwangerschaft zu vermeiden.
Zusammenfassung
Varizellen sind weltweit verbreitet, wobei sie in Deutschland unter den verschiedenen Infektionskrankheiten am häufigsten auftreten. Das Varizella-Zoster-Virus gehört zur Familie der Herpesviren. Die Infektionskrankheit tritt vorwiegend im Kindesalter auf und wird in der Regel durch eine Tröpfcheninfektion übertragen. Varizellen sind äußerst kontagiös. Hat ein Familienmitglied Windpocken, werden sich 80 bis 90 Prozent der anderen Familienmitglieder, welche über keine Antikörper verfügen, anstecken.
Zu den typischen Symptomen gehört insbesondere der auffällige Hautausschlag. Dadurch können die Varizellen von einem Arzt schnell diagnostiziert werden. Varizellen zeigen in der Regel einen milden Krankheitsverlauf. Bei Kleinkindern, Erwachsenen und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann die Infektion jedoch schwerer verlaufen. Durch eine Impfung können die Varizellen prinzipiell vermieden werden.
Weiterführende Informationen zu den Varizellen
- Erregersteckbrief
Informationen über Varizellen von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - Impfung gegen Windpocken
Aufklärung über die Impfung gegen Varizellen - Interessanter Artikel über Windpocken vom Gesundheitsmagazin „Baby und Familie“